Einmal durch die Pyrenäen, bitte!

Am 24.12. klingeln um 05.30 Uhr erstmal die ersten Wecker im Raum in Saint-Jean-Pied-de-Port, hektisch werden Lichter angeschalten, die den Raum mit Helligkeit fluten. Korea ist motiviert. Die Pilger, die hier starten haben es eilig, frühstücken und wollen spätestens um 07.00 Uhr los. Ich kann leider nicht mehr weiterschlafen, es ist einfach zu hell. 🤷‍♂️ So wünscht man sich erstmal ‚buen camino‘, die ersten 3 Koreaner starten um 06.30 Uhr, während ich noch an meinem ersten Kaffee nippe. Dann die nächsten beiden um 07.00 Uhr. Es ist noch stockdunkel. 🌙 Der älteste (53Jahre)möchte mit mir loslaufen und auch bis 08.00 Uhr warten. Ich denke dass es nicht schaden kann ein bisschen was zu sehen wenn man an der Straße entlang durch die Pyrenäen läuft. 😂 So laufen wir los, nach ca. 3 Kilometern merken wir, dass ich ein bisschen zu schnell bin und verabschieden uns. Wir sehen uns erstmal nicht wieder, da er nur eine kurze Etappe bis zur Hälfte des Anstiegs plant. 🙏👣

So geht es immer bergauf und weiter bergauf, endlos scheinend an der Straße entlang. ⛰️

Im angesprochenen Zwischenziel Valcarlos treffe ich auf 3 der Koreaner in einem Café. Wir sitzen zusammen, trinken Kaffee und ahnen noch nicht, dass der groesste Anstieg noch vor uns liegt. Dann geht es weiter. Groesstenteils an der Straße aber auch kurze Abschnitte durch Waldwege geht es durchs Gebirge.

Ein etwas spannenderer Weg als die Straße.

Es wird ordentlich geschwitzt, aber es ist im Rahmen, die beiden anderen Koreaner treffe ich völlig fertig an einer Leitplanke pausieren und hadern. Sie hätten gerne schon das Ziel erreicht, aber wir sind noch nicht auf dem höchsten Punkt angelangt. Vorerst sehe ich niemand mehr, denn alle die mit mir waren sind nun hinter mir. So geht es weiter aufwärts bis zum Ibanetapass auf ca 1060m Höhe. 🙏 Als ich dort ankomme gibt’s erstmal einen atemberaubenden Ausblick zurück ins Tal. Seit vielen Jahrhunderten ist das der Pass, über den die Pilger auf den spanischen Hauptweg gelangen. 🏃‍♂️ Ich pausiere dort oben fast eine Stunde, dann kommen die 3 Kaffeekoreaner den Berg hochgekrackselt. Jubel, abklatschen, Fotos schießen. Und dann ab, die letzten 2 Kilometer runter, ins Tal. ❤️ In der kirchlichen Herberge bekommen wir Unterkunft. Insgesamt sind es am Abend außer mir 6 Koreaner und ein spanisches Ehepaar. Im Weihnachtsgottesdienst werden wir gesegnet und zum Abschluss darf noch jeder mal den kleinen Holzjesus aus der Krippe küssen.🙏 Ob das ganze für die Koreaner etwas komisch war? Mit Sicherheit! 😂🇩🇪🇰🇷

Ausblick vom Ibanetapass
Und die kleine Kapelle, die auf dem Pass errichtet wurde.
🇩🇪🇰🇷🇰🇷🇰🇷🙏

Heute geht es dann schon etwas gesitteter zu – alle starten zwischen 7.00 und 8.00 Uhr, da man dann spätestens die Herberge geräumt haben muss. 🏃‍♂️ Sonnenschein und traumhafte Ausblicke, aber auch nochmals vom Weg her ganz schön interessant. Bei Regen oder Schnee sicherlich nicht die einfachste Etappe.

Sonnenaufgang nahe Roncesvalles. 🌞
Und ein Blick auf den Camino zwischen 2 Dörfern.
Und natürlich jede Menge Wald. 🏞️🌳🌲

Meinen koreanischen Freunden hinterlasse ich unterwegs eine kleine Nachricht aus Steinen, damit sie auch den Weg finden. Später zeigen sie mir stolz ihre Fotos vom Kunstwerk und freuen sich. 😍 Von den vorauslaufenden Pilgern verliert irgendjemand in unregelmäßigen Abständen Proviant. Erst finde ich eine Orange, dann ein Sandwich – die darauffolgende Orange packe ich ein und genieße sie in der nächsten Pause. 😂🍊

Weggrüße für Korea! 🙏

Letztendlich geht der Weg sehr gut vorbei und ist schön zu laufen. An meiner letzten Pause nach dem Wald und vor dem Ziel warte ich ca. eine Stunde, in denen sich in unregelmäßigen Abständen einer nach dem anderen aus dem Wald quält. Alle sehen fertig aber glücklich aus. So erreichen wir dann gemeinsam das Ziel Zubiri. In der Unterkunft wird auch alles gekocht was es so in den Rucksäcken gibt. Von Spaghetti über koreanische Kohlsuppe bis Reis und Knoblauch-Peperonipenne ist alles dabei. Alle werden satt. Alle lachen. Morgen geht’s weiter. Schauen wir was passiert. Viele Grüße aus Zubiri, frohe Weihnachten an alle und buen camino! 🎄🏃‍♂️🌠

Blick von der Herberge auf die bekannte Pilgerbrücke des Orts Zubiri.

Da sind sie – die anderen Pilger

Im Regencape geht’s los auf die Etappe zum magischen Pilgerort Saint-Jean-Pied-de-Port, etwas mehr als 34 Kilometer stehen auf dem Plan. Von Anfang an geht es gleich ordentlich rauf und runter, die kleinen ‚Vorläufer‘ der Pyrenäen sind als erstes Warmup für die nächsten Tage genau das was ich wohl brauche, aber nicht unbedingt wünsche. So schwitze ich ordentlich und hechle vorbei an umgestuerzten Bäumen und durch nasse Waldwege. 🏃‍♂️🌲🌳

Wieder ein paar Spuren der Unwetter 🤔
Und dann erstmal hoch durch den Wald 🌳🌲

Die Ausblicke in die Täler und auf die Pyrenäen entschädigen, ich erreiche den ‚Stein von Gibraltar‘ an dem 3 der 4 großen Wege von Frankreich zusammenlaufen (Vézelay, Paris, Le Puy). Andere Pilger zeigen sich noch nicht – ich finde euch schon noch! 👣🙈

Der beschriebene Wegstein 👣
Und weiter auf spannenden Wegen…

Danach ein paar interessante Treffen mit Hirtenhunden, die ordentlich nach meinem Jakobus3000 schnappen. Letztendlich bekomme ich die 34 Kilometer aber gut rum. Auf den letzten Kilometern freue ich mich richtig auf Saint-Jean-Pied-de-Port! 1650 Kilometer sind rum und einen Tag vor Heiligabend schaffe ich es hier her. 😍 Einige Autofahrer winken und freuen sich glaube ich ein bissle mit mir! 👣❤️ Dann komme ich an und erreiche die Stadt über das alte Jakobstor in der Stadtmauer. Wahnsinn! Gleich dahinter liegt überraschenderweise eine Herberge, ich bekomme ein Bett und es gibt 4 andere Pilger. 3 Südkoreaner und ein Spanier. Die 3 Koreaner laufen morgen auch los in Richtung Spanien, der junge Spanier wartet seit 5 Tagen darauf, dass sein Fahrrad hier ankommt, da er den Camino mit dem Rad machen will. Er ist leicht angepisst und etwas verzweifelt. 😪 Verständlich! Von Mama und Melly ist ein Päckle angekommen, das ich im Pilgerbüro erhalte – passend dazu kommt gerade der Weihnachtsmann rein. ❤️ Danke ❤️ Ich versorge meine 3 neuen koreanischen Freunde mit Hirschtalgcreme und schaue zu, wie sie sich zum Abendessen ordentlich Cornflakes und Schokolade reinziehen. Ein schönes Bild. 😎👌 Einfach mal andere Leute im Raum! Geil! Möget ihr schnarchen soviel ihr wollt! 🛌

Das Jakobstor in der alten Stadtmauer ❤️👣
Und ein Blick in die Straße die an meiner Herberge vorbei führt und mich morgen durch die Stadt in Richtung Spanien führt. 🇪🇸😍

Während ich hier schreibe sind 3 weitere Koreaner angekommen. Das Verhältnis Korea/Spanien/Deutschland hat sich also auf 6/1/1 verschoben. Bevor hier das Internet komplett verbraucht wird schreibe ich schnell fertig. Ich wünsche euch allen morgen einen guten Start in die Weihnachtsfeiertage, genießt die freien Tage mit euren Familien. ❤️🎄Wenn morgen alles klappt geht es nach Roncesvalles ins Kloster, über 200 Pilgerbetten gibt’s dort. Die 3 Koreaner der ersten Stunde wollen um 7.00 aufbrechen. Die Nacht scheint also kurz zu werden. Ich bin gespannt. Drückt mir die Daumen und buen camino aus Saint-Jean-Pied-de-Port! 🏃‍♂️🌠

Kleiner vorweihnachtlicher Gruß von mir zu euch! 🎄👣

Da ist was im Busch

In der letzten Nacht hat es ganz schön gestürmt wie ich am Frühstückstisch erfahre. Zahlreiche Bäume sind wohl wieder umgekippt, ich habe von dem ganzen Spektakel Nichts mitbekommen, denn ich war beschäftigt damit von Spanien zu träumen. 😴🛌 Wechselhaftes Wetter steht für heute an, ein Start im Regen führt mich direkt auf die Landstraße. Zahlreiche Autos, der Grünstreifen sehr schmal – wenn ein Auto entgegenkommt muss ich immer kurz stehenbleiben. 👣 Dann die Schilder auf der Straße ‚Chasse en cours‘ – Jägerparty für die nächsten 5 Kilometer direkt neben der Landstraße. 🤷‍♂️ Dabei hatte ich schon das Gefühl gehabt hier im Baskenland geht es weniger wild zu. Links höre ich schon die Hunde, mit Glocken um den Hals, durchs angrenzende Gebüsch hetzen – Rechts die erste rote Weste im Gebüsch, ein Jäger der runter zur Straße glotzt und mich, in meinem roten Mantel, mit Warnweste und Stirnlampe, wohl genauso sonderbar findet wie ich ihn. 10 Meter weiter sitzt eine Gelbweste im Busch, Gewehr im Arm. Fragend hebe ich den Daumen und deute auf die Straße? ‚Alles Okay‘ , deutet der Buschversteckmeister mir zu. Na dann! Während ich hinter mir noch 3 Schüsse höre freue ich mich danach erstmal nur noch Autos zu begegnen. 🥳🚙

Start auf dem schmalen Grünstreifen 👣

Nach ca. 10 Kilometern ein etwas größerer Ort. Eine Bäckerei hat offen. 😍 Sandwiches gibt es keine also genehmige ich mir ein Schokobrötchen und eine Cola. Währenddessen hört es auf zu regnen. Als ich mein Regencape verpackt habe und entlang der nächsten Landstraße weiterpilgere winkt mich eine ältere Dame in ihren Hof. Ein kleines Café, sie lädt mich ein und erzählt mir allerlei Geschichten über Weihnachten und Pilger. Alles verstehe ich nicht, das Geschenk nehme ich aber gerne an. ❤️

Weiter entlang der Straße…
… bis zum Überraschungsstop im Gartencafé ☕

Plötzlich geht es wieder in den Wald, steil bergauf auf unwegsamen, aufgeweichten Wegen. Für ca. 5 Kilometer bin ich weg von der Zivilisation – und zum Glück auch weg von jeglichen Jagdfreunden. 🌳🌲

Ein bisschen Natur nach dem Straßenlauf…
… und ein Weg, der gleichzeitig auch ein kleiner Bach ist. 😉

Danach geht’s vorbei an Bauernhöfen und in Richtung Tagesziel Saint-Palais. Plötzlich spüre ich etwas an meiner Hand stupsen und erschrecke kurz. Der nächste Hund. Heute aber ohne Gebell, er wollte einfach nur kurz ‚Hallo‘ sagen und dann los auf den Camino. Er trägt ein Halsband mit Telefonnummer und läuft einige Kilometer mit mir. 🐕 An einem fremden Hof zofft er sich mit einem anderen Hund. Unangenehme Situation. Ein paar Autofahrer winken uns zu. 🙋‍♂️🚙 Danke uns geht’s gut! Dann ist der Kleine wieder so plötzlich weg, wie er aufgetaucht ist. Machs gut!

Baskische Vierbeinerbekanntschaft

Zum Abschluss gibt’s nochmal ordentlich Regen auf den letzten Kilometern bevor ich in Saint-Palais einlaufe. Mal schauen wie es morgen weitergeht. Wenn alles klappt erreiche ich Saint-Jean-Pied-de-Port, den großen Pilgerstartort des Jakobswegs. Freue mich sehr auf diesen Meilenstein. Gibt es andere Pilger? Wird sich das Verhältnis Pilgerhund/Pilger (Bisher 4 zu1) verändern? Wie wird der Weg? Was machen die Pyrenäen? Ich bin gespannt auf jeden Meter und wünsche euch eine gute Nacht und buen camino! 🏃‍♂️🌠