Kurzes Update aus Sarria

In Ponferrada erwartete uns der erste Regen in Spanien. 🌧️ So starteten wir morgens mit Regencapes und gut gelaunt in Richtung Trabadelo – ca. 35 Kilometer lagen vor uns. Nach wenigen Kilometern hörte der Regen auf und man konnte wieder ohne Cape weiterlaufen. Größtenteils ging es dabei entlang der Straße auf einem separaten Fußweg – wenig ansprechend und so zog sich die ohnehin lange Etappe noch etwas länger. In der Herberge gab es dann eine kleine Überraschung. Der Hospitaliero aus Mexiko ging mit uns in die alte Kirche neben der Herberge. Dort durfte jeder Pilger einen Zettel ziehen mit einem Wunsch eines anderen Pilger der letzten Tage/Wochen. Irgend ein spanischer Pilgerbruder/-Schwester wünscht mir einen ‚guten Weg für mein gesamtes restliches Leben‘ – danke! 🙏 Danach dürfen wir eigene Wünsche für zukünftige Pilger in die Box werfen. Eine schöne Geste. ❤️

Korea hat Spaß im Regen 😂🌧️
Größtenteils entlang der Landstraße 🚗
Und ab und zu durch kleine spanische Dörfer – 🇪🇦🇪🇦🇪🇦
Ein Blick in die Herberge bzw. unser Schlafzimmer 🛌

Am Donnerstag ging es dann von Trabadelo aus in Richtung Alto do Poio. Ungefähr 27 Kilometer legren wir zurück und erreichten nach ungefähr der Hälfte der Etappe die letzte Region des Caminos – Galizien. Ab hier gibt es auch die bekannten Wegsteine mit den (mehr oder weniger) genauen Kilometerangaben bis Santiago. Doch der Weg bis Alto do Poio ist steil und steinig und führte uns ähnlich hoch wie vor wenigen Tagen zum Cruz de Ferro. Ich kam ordentlich ins schwitzen, gleichzeitig gab es sturmartige Böen, die es einem teilweise schwermachten geradeaus zu laufen. 🌬️❄️Der Rucksack und die Winterkleidung bieten genug Angriffsfläche. Der Ausblick in die Täler von ‚Castilla y Léon‘ und ‚Galizien‘ entschädigte für die Strapazen in 1400m Höhe. Jede Bar in den kleinen Dörfern wurde für ein kurzes Aufwärmen bei Kaffee/Tee genutzt. Hallo Galizien – hier bin ich. Schön dass wir uns nach knapp 90 Tagen auf dem Camino sehen. 🙏❤️

Steiniger Weg nach oben in Richtung Galizien.. 🏃‍♂️
Und Blick ins Tal 🧐
Der Grenzstein der Region Galizien – hier beginnt die letzte Region, deren Hauptstadt Santiago de Compostela ist 🙏
Pilgerfigur in den Bergen – die Haltung passt an diesem Tag zum windigen Wetter 🌬️
Beim Feierabendpilgerbier in der Bar neben der kleinen Herberge 🍺

Heute gab es dann die nächste Überraschung – ein Start im Schnee. Galizien begrüßt uns mit einem kleinen Schneesturm und so geht es durch den weissen Winterspaß über den Camino bergab ins Tal, wo uns die Sonne erwartet. Von 1400m runter auf 500m in Sarria. Dort ist von Schnee keine Spur. Sarria ist ein bekannter Ort am Jakobsweg – viele Pilger starten hier ihren Weg, da es die letzte Stadt vor der 100km Grenze ist, die man für die Pilgerurkunde benötigt. Mal schauen ob sich dadurch mehr Pilger auf den Wegen tummeln – bisher ist alles sehr ruhig – Wintercamino eben. 🙏❤️ Das wars mit dem kurzen Update, ich wünsche euch allen eine gute Nacht und buen Camino aus Sarria zu euch! 🏃‍♂️🌠

Galizischer Kilometerstein im Schnee ❄️
Ein überraschter Remstalpilger 😜
Und ein Blick in die galizische Landschaft 🏞️
Dann Schritt für Schritt ins Tal und in besseres Wetter ☀️…
… über alte Wege…
… bis nach Sarria – Hinter dem weißen Kleinbus ist unsere heutige Herberge 👌

Eine Stockdiebin und das Cruz de Ferro

Am 13.01. liege ich am Abend in meinem Stockbett auf der unteren Etage in einem großen Schlafsaal in Rabana del Camino. Es ist kalt in der öffentlichen Herberge. Der kleine Holzofen im Eck heizt nur spärlich und wärmt vor allem die Pilger die direkt daneben platziert sind. Das Licht ist um 22.00 Uhr ausgeschaltet worden – im Raum befinden sich ca. 20 Personen. Ungefähr jeder fünfte schnarcht pünktlich zur Schließzeit bereits ein kostenloses Konzert in die Runde. Während das kleine Feuer mit den Flammen die alten Gemäuer und die breiten Holzbalken an der Decke mit sanftem Licht beflackert, kreisen die letzten Gedanken bei den restlichen wachen Pilgern in den meisten Fällen wohl um die eigenen Camino-Geschichten der letzten Tage, Wochen oder Monate. Jeder geht seinen Weg, kein Camino ist gleich.😴 Astorga liegt hinter uns, nur knapp 21 Kilometer waren es bis Rabanal. Wir wären gerne weiter gegangen aber die nächsten Dörfer bieten im Winter leider keine Unterkunft für uns. So sind wir zufrieden wieder ein kleines Stück vorangekommen zu sein, an einem Tag, der kalt startet und dann nach und nach aufhellt. ❄️☀️Im Bett bemale ich die kleinen Steine aus der Heimat, die ich am Cruz de Ferro, am höchsten Punkt des Caminos, am Dienstag symbolisch ablegen möchte. Als ich das erfolgreich geschafft habe folgen die Ohrstöpsel, das wichtigste Nachtutensil auf dem Weg, und dann begleite ich das Schnarchkonzert mit engelsgleichen Tönen in die Nacht. 🛌😴

Weg aus Astorga in Richtung Rabanal 🏃‍♂️
Die Distanz zum ‚Feld der Sterne‘ schrumpft Tag für Tag 🌟
Streetart in Rabanal 🦆😍
Ein Blick in die linke Hälfte des Schlafsaals 😜
Und meinen Steine für das Cruz de Ferro 🙏

Der Dienstag ist von zwei Geschichten geprägt. Die erste handelt von einer Stockdiebin. 🕵️‍♂️Als ich am Morgen vor der Herberge auf meine 4 koreanischen Mitpilger warte sehe ich, wie eine junge Koreanerin alle Walkingstöcke genau checkt. Am Schluss läuft sie mit einem Paar los, welches ich im ersten Moment für Seung’s Stöcke halte. Da sich aber fast alle Koreaner bei Decathlon eingedeckt haben (so hatten z.B. bisher auch schon 4 Personen die gleichen Handschuhe wie ich), ist das per se keine Überraschung. Sie läuft los und verschwindet im Nebel. ❄️☁️ Als dann allerdings 10 Minuten später Seung seine Stöcke nicht findet, berichte ich ihm von meiner Beobachtung. 🧐 „Kein Problem wir sind ja relativ fix unterwegs und dann bekommt er sie bestimmt zurück.“ Nach ca. 10km holen wir die junge Dame ein, Seung läuft vor und spricht mit ihr, dann kommt er zurück (ohne Stöcke) und macht eine Pause am Straßenrand. Was denn nun war frage ich ihn. Er meint ‚Ich habe sie gefragt ob es ihre Stöcke sind‘. Sie habe darauf geantwortet ‚Nein, aber meine waren weg, dann habe ich mir einfach die genommen‘. Das war alles? 😂 Ich frage Seung, ob er ihr nicht noch seinen Hut oder seine Schuhe schenken wollte? Er lacht – die koreanische Freundlich- und Gutmütigkeit kennt scheinbar keine Grenzen. 🤷‍♂️ Aber das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen. 😜

Danach steigt der Weg immer höher an, der Nebel, der uns zu Beginn noch begleitet hat, lichtet sich und offenbart uns wunderbare Blicke ins Tal. 🏞️ Bald darauf erreichen wir das ‚Cruz de Ferro‘. Für manche ist es nur ein Steinhaufen nahe der Straße, der wenig mystisches oder spirituelles zu bieten hat. Für mich war es heute ein sehr besonderer Moment. Nach über 2200 Kilometern die Steine abzulegen an diesem Ort, das Gebet des ‚Cruz de Ferro‘ zu sprechen und in den Moment zu hören war einer der großen Camino-Momente. Zu tief möchte ich hier nicht ins Detail gehen, aber ja es war wichtig für mich, ja es flossen Tränen, ja es war perfekt. ❤️🙏 Bei aller, teilweise nachvollziehbarer, Kritik mancher Pilger an diesem Ort (zwecks Bustourismus, Straßennähe, etc.) denke ich einfach, dass das ‚Cruz de Ferro‘ so wie der gesamte Camino und auch das Leben eben für jeden individuell wahrgenommen und gestaltet wird und man selber maßgeblich Einfluss darauf hat, wie man den Moment wahrnimmt oder fühlt. Lasst euch also von möglichen Berichten, Filmen oder Büchern weder verzaubern noch erschrecken – jeder erlebt alles einmalig und einzigartig auf dem Camino, Gutes wie Schlechtes.

Letztendlich wurden es heute knapp 33 Kilometer. Der nächste Schritt ist getan, es war ein anstrengender Tag (vor allem der Steile Abstieg nach dem Kreuz) aber auch eine wichtige und wunderbare Erfahrung. Gute Nacht und Buen camino aus Ponferrada. 🏃‍♂️🌠

Blick ins Tal während dem Aufstieg zum Kreuz
Am ‚Cruz de Ferro‘ 🙏
Steine und Papa ❤️
Blick auf das Kreuz
Und der Camino, der kurz darauf steil ins Tal führt. 🏞️

Gebet am Cruz de Ferro:

Herr, möge dieser Stein, Symbol für mein Bemühen auf meiner Pilgerschaft, den ich zu Füßen des Kreuzes des Erlösers niederlege, dereinst, wenn über die Taten meines Lebens gerichtet wird, die Waagschale zugunsten meiner guten Taten senken. Möge es so sein. Amen.

Pilgeroase irgendwo im Nirgendwo

Der Weg aus Léon ist unspektakulär und führt uns auf vielen Abschnitten entlang der Straße. Es gibt wenig Besonderes zu entdecken, doch da wir nur knapp 25 Kilometer vor uns haben genehmigen wir uns regelmäßige Pausen für Café und Co. ☕😎 Bei mir läuft es vom Laufen her hervorragend, der Tag Pause macht sich auf jeden Fall bezahlt. Ohne großartige Probleme geht es Kilometer um Kilometer voran. Bei meinen koreanischen Freunden läuft es schwieriger – sie hängen im Kopf noch in Léon fest und sind nicht wirklich in Lauflaune. 🙈 Im Ort ‚San Miguel del Camino‘ fühle ich mich namentlich persönlich begrüßt aber wir müssen noch ein bisschen weiter… Schade 😉 In der Herberge wird es am Abend dann ziemlich voll. Neben einem Hund und 2 Katzen sind es letztendlich auch insgesamt knapp 14 Pilger, davon 11 Koreaner. 😅 Es gibt Suppe, Salat und Fisch uuuund die erste Jakobsmuschel auf dem Weg für mich zu essen. 🤩 Pünktlich um 22.00 Uhr geht das Licht aus. 🧐 Wir nehmen uns vor früh aufzustehen, da wir am nächsten Tag gerne knapp 43 Kilometer laufen möchten. Früh aufstehen ist also angesagt…

Auf dem Radweg entlang der Straße – noch einer der angenehmeren Abschnitte des Tages 👣
In meinem bisherigen (namentlich) coolsten Ort auf dem Camino 😎🙏
Und bei einer Pause mit Schokohoernchen, Limo & Espresso 🥳

Was genau passiert da im Nachbarhochbett? 🧐

Am folgenden Morgen (Sonntag, 12.01.) läuft dann alles anders. Alle verpennen und anstatt um 7.30 Uhr fertig am Frühstückstisch zu sitzen stehen wir um 07.45 Uhr erstmal langsam auf. 😂 So starten wir auch erst gegen 09.00 Uhr im dichten Nebel auf den Weg. Es ist kaum möglich zu sehen was in 100m vor einem liegt, so geht es einfach drauf los. Der Untergrund über die Feldwege wechselt und ist oft uneben, holprig, steinig und ansteigend. Aus den 45km wird eher Nichts, wie wir bei unserer ersten Pause nach ca. 10km merken. Also umplanen. Dann werden es ebem irgendwas zwischen 20 und 25km bis Astorga. 😎🙏 An einer Kreuzung mit Gabelung (beide Richtungen deuten den Camino) entscheide ich mich für rechts. Wir sich rausstellt folgen mir Kim#2 und Seung. Auf diesem Weg über ansteigende Feldwege machen wir einen kleinen (ungeplanten) Umweg, gelangen so aber zur ‚Casa de los Dioses‘. Mitten im nirgendwo hat der Spanier David vor 10 Jahren ein kleines Pilgerparadies geschaffen. Auf Spendenbasis gibt es hier Kaffee, Obst, selbstgebackenes Brot, Kekse,…. und viele verschiedene Sitzmöglichkeiten in einfachen Holzhütten. Eine Institution des Caminos, die wir durch unsere Wegwahl heute erleben durften. David lebt dort, er versucht als Aussteiger ein einfaches Leben zu führen und mit dem Prinzip ‚Geben und Nehmen‘ scheint er dort perfekt durchzukommen und mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Ein sehr angenehmer Mensch und eine tolle Erfahrung auf dem Weg. ❤️🙏 Kim#1 und Che hatten sich für die linke (kürzere) Variante entschieden und dadurch zwar Kräfte gespart aber einen tollen Moment verpasst. Im Video unten ein kurzer Einblick in das beschriebene Pilgerparadies irgendwo im Nirgendwo. 👣 Von dort ist es dann nicht mehr weit bis Astorga und so erreichen wir nach insgesamt nur 25km unser Ziel. Heut gab’s mal wieder Spaghetti, aber da Che gekocht hat war es sehr knoblauch- und gewürzlastig. Eine Freude für die anderen Pilger. 😵 Da die Lichter bereits schon wieder aus sind fasse ich mich kurz. Ich wünsche euch eine gute Nacht und buen camino aus Astorga! 🏃‍♂️🌠

Start im Nebel. Kaum etwas zu sehen auf dem Camino. 🙈
Selbst die berühmte lange Brücke von Puente de Orbigo verschwindet größtenteils in den Nebelschwaden. 👀
Bei einer kurzen Trinkpause mit einem steinernen Pilgerbruder.
Kim#2, David, ich und vorne Seung 🙏 Im Pilgerparadies 🎉
David’s Zuhause auf den Feldern in der Nähe von Astorga